Was Sie wann und aus welchem Grund wählen sollten
»Weißt du, was man später am meisten bereut – es nicht versucht zu haben.«
(Zitat aus dem Film »Die Farbe des Horizonts«)
Manche Paare haben gerne zwei Berater, eine Frau und einen Mann. Manche Berater fühlen sich wohler zu zweit. Paarberatung wird daher nicht nur von einer einzelnen Fachkraft, sondern auch von Beraterpaaren angeboten. Beide Settings haben Vor- und Nachteile. Dabei sehe ich einmal von der Situation ab, dass die Paarberatung zu viert stattfindet, weil der eine Berater noch in Ausbildung ist oder sich aus anderen Gründen dem Paar allein nicht gewachsen fühlt. Vier Augen sehen mehr als zwei.
Zwei Augenpaare sehen mehr als ein Augenpaar.
Das wäre ein Plädoyer für Paarberatung zu viert. Während der eine das Gespräch führt, kann der andere aufmerksam beobachten und Dinge bemerken, die der Kollegin oder dem Kollegen entgehen. Da beide Berater unterschiedlich sind, nehmen sie auch unterschiedliches wahr. Die Frau kann sich durch die Anwesenheit der Beraterin sicherer fühlen und der Mann durch die Gegenwart eines männlichen Beraters. Die Ratsuchende fühlt sich vielleicht von einer Frau besser verstanden (oder glaubt das) und kann sich mit ihr leichter identifizieren. Entsprechendes gilt für den Mann. Jeder Partner hätte beim Beraterpaar sozusagen seinen Anwalt. Es mag aber auch umgekehrt sein: Die Klientin entwickelt einen guten Draht zum Berater und der Klient zur Beraterin. Das alles wären Vorteile einer Beratung zu viert. Sie funktioniert jedoch nur unter bestimmten Bedingungen: Beide Berater sind auf dem gleichen Erfahrungsniveau. Sie kennen sich genau, sie kennen das Beratungskonzept und den Beratungsstil des anderen. Entweder sie ergänzen sich und/oder kennen das voneinander: Dann kann der eine mehr konfrontieren und der andere mehr Verständnis zeigen. Oder beide haben in etwa die gleiche Vorgehensweise, wissen das voneinander und haben kein Problem damit, dass der Kollege mal unterbricht, ins Wort fällt oder zeitweilig gar nichts sagt. Wenn die Berater mit einer Intervention des Kollegen nicht einverstanden sind, könnten sie das gelegentlich auch offen zum Ausdruck bringen: Das Paar würde dann ein Modell offener Unterschiedlichkeit und konstruktiver Auseinandersetzung erleben. Zugleich können die Berater dem Paar auf diese Weise Hinweise geben, wie sie, die Berater, das Paar, seine Rollenaufteilung usw. wahrnehmen.
Viele Landkarten verwirren den Wanderer
Die eine Beratungsperson widmet ihre volle Aufmerksamkeit ungeteilt dem Paar und konzentriert sich ganz auf dessen Atmosphäre, Themen und Problembewältigungsversuche. B muss nicht zugleich mitbekommen, erahnen oder erfragen, was der Mitberater wahrnimmt, denkt, fühlt oder machen möchte. Niemand funkt dazwischen, wenn B durch genaues Nachfragen eine Unklarheit klären oder das Paar mit einer Unentschlossenheit oder einem Widerspruch konfrontieren möchte. Beratungssitzungen zu dritt sind daher meist auch kürzer als Beratungssitzungen zu viert. Geht B davon aus, wie in diesem Buch vorgeschlagen, dass der Klient in der Paarberatung erst einmal die Beziehung des Paares ist, so hat B ja eigentlich nur einen Klienten, auch wenn der als zwei Personen auf einer Wippe sitzt. Was zunächst wie ein Nachteil aussehen mag: Der einzelne Berater versteht einen der Partner schneller oder besser als den anderen Partner, kann zu einem Vorteil werden: Das Paar nötigt B, auch diesen schweren zugänglichen Aspekt seines Paarlebens voll zu verstehen (s.S. 169). Auf diese Weise führt B das Paar in der Regel zu seinem zentralen Konflikt, für den es andere Auswege sucht als die bisherigen Sackgassen.
Zusammenfassung für die Paarberatung
Soweit ich das überblicke, ist das Vierer-Setting (das Paar und zwei Berater) nicht wirksamer als die Dreier-Paarberatung. Ich kenne verschiedene Kollegen sowohl in Europa als in den USA, die Paare zunächst als Beraterpaar empfangen haben, inzwischen jedoch allein arbeiten.
Zu Forschungszwecken tun sie sich gelegentlich noch einmal mit einem erfahrenen Kollegen zusammen. Der entscheidende Vorteil von Paarberatung durch eine einzelne Fachkraft liegt in äußeren Faktoren. Es ist wesentlich einfacher, eine Paarberatung zu dritt zu organisieren, als vier Personen unter einen Hut zu bekommen. Paarberatung zu dritt ist zeitlich weniger aufwendig, denn ein Beraterpaar muss sich ja gemeinsam vor- und nachbesprechen und dazu Termine finden.
Und eine Beratung mit einem Berater ist kostengünstiger, denn eine Beratung zu viert kostet natürlich mehr, den Arbeitgeber, den Berater oder das Paar. Nachdem zwei Personen damit beschäftigt sind, kostet es auch das Doppelte.
Entschieden Sie selbst, ob Sie ein Beraterpaar oder einen Paarberater in der Paarberatung haben möchten.
H1: Berater oder Beraterpaar?
H2: Was Sie wann und aus welchem Grund wählen sollten