Einsamkeit in der Paarbeziehung

Vom Schmerz, sich allein zu fühlen

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Alleinsein ist unvoreingenommen gesehen nichts weiter als ein Zustand. Ich kann beispielsweise alleine in meinem Büro sitzen und arbeiten oder ich kann alleine etwas unternehmen, ohne mich dabei einsam zu fühlen. Einsamkeit hingegen ist ein Gefühl und beschreibt mein inneres Befinden. Und das kann innerhalb einer Partnerschaft frustrierend sein.

Einsamkeit als Grundproblem des Menschseins

Jedes Mal, wenn ich alleine bin, fühle ich mich isoliert, einsam und unglücklich. Ich liebe mich nur, wenn ich mit anderen zusammen bin. Wenn ich alleine bin, schäme ich mich und mag mich nicht. Es scheint, dass ich mit den Augen der anderen beurteile. Das ist wohl eines der Grundprobleme, dem sich jeder Mensch stellen muss.

Einsamkeit ist der große Angstmoment im Leben

Niemand kann diese Einsamkeit aus seinem Leben verbannen – selbst wenn wir in einer Großfamilie leben, in einer Kommune oder einen riesigen Freundeskreis haben, dann wird es immer Momente der Einsamkeit geben. Was wir jedoch verändern können, ist unsere Sicht auf die Einsamkeit. Selbst wenn wir gerade nicht in einer Partnerschaft leben, dann können wir eine Partnerschaft mit uns selbst eingehen. Und dann sind wir auch nicht mehr alleine.

Von den unterschiedlichen Perspektiven im Leben

Menschen erleben Dinge auf zwei unterschiedliche Arten. Während die einen im Regen einen Schlechtwettertag sehen, der ihnen dies oder das nicht ermöglicht, erfreuen sich die anderen daran, dass ihre Blumen im Garten nun endlich wieder Wasser bekommen. Dieses unterschiedliche Erleben hängt von der Beziehung ab, die wir zu uns selbst haben.

Gut beobachten lässt sich dieses Phänomen an Menschen, die nach einem Unfall mit körperlichen Handicaps leben. Die einen sehen darin einen schweren Schicksalsschlag und listen eine Reihe von Dingen auf, die nun nicht mehr gehen. Die anderen hingegen nehmen diese Zäsur im Leben als Anlass, sich an dem Schönen im Leben zu erfreuen und dankbar für jeden Moment zu sein, in dem sie atmen dürfen. Das Schicksal wird nicht durch die Ereignisse bestimmt, die uns im Leben widerfahren. Es wird entscheidend dadurch geprägt, welche Bedeutung wir selbst diesen Ereignissen geben.

Einsamkeit in der Partnerschaft: Selbstliebe ist der Schlüssel

Genauso verhält es sich auch mit der Einsamkeit. Wenn wir einsame Momente als ein tiefes, schwarzes Loch ansehen, dann wird sie zu etwas Schrecklichem. Alleine unsere Bewertung macht sie dazu. Aus Angst vor dieser Einsamkeit gehen Menschen dann Beziehungen ein, nur um Einsamkeit zu vermeiden. Sie missbrauchen in diesem Moment Beziehungen zu anderen Menschen, um vor sich selbst davonzulaufen. Wer keine Liebesbeziehung zu sich selbst aufgebaut hat, der wird sich dauerhaft einsam fühlen – ganz unabhängig davon, ob er gerade in einer Partnerschaft ist oder nicht.

Menschen ohne Selbstliebe tragen eine tiefe Wunde in sich selbst. Sie gehen Partnerschaften mit der Erwartung ein, dass der andere dieses Loch stopfen möge. In den meisten Fällen werden sie leider enttäuscht. Wer sich mit sich selbst einsam fühlt, der wird sich auch in jeder Beziehung einsam fühlen.

Einsamkeit versus Alleinsein

Einsamkeit verwandelt sich nur durch die Kraft unserer Wahrnehmung in Alleinsein. Denn es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Einsamkeit und dem Gefühl, alleine zu sein. Alleinsein ist die Natur des Menschen. Wir sind alleine, wenn wir auf die Welt kommen und befinden uns alleine in unserem Körper. Egal wie fest die Bindung an einen anderen Menschen ist – man ist doch immer mit sich selbst alleine, trifft seine eigenen Entscheidungen, spürt Schmerzen und Freude. Jede Erfahrung im Leben machen wir für uns alleine, auch wenn noch so viele Menschen um uns herumstehen.

Einsamkeit als Mangel an Liebe zu sich selbst

Einsamkeit hingegen ist ein unnatürlicher Zustand. Sie beschreibt nicht die Abwesenheit anderer Menschen, sondern den Mangel an Liebe zu sich selbst. Wer keine Selbstliebe spürt, der sucht die Anwesenheit anderer nur, um diesen Mangel zu betäuben.

Wer mit sich selbst eine tiefe Verbundenheit aufgebaut hat, der kann auf einer einsamen Insel leben, ohne einsam zu sein. Nur wer diese Art Beziehung zu sich selbst fühlt, der kann die Nähe anderer Menschen frei genießen und sich in Beziehungen wohlfühlen.

Die starke Sehnsucht nach einem Partner

Viele Singles investieren ihre gesamte Energie (und manchmal auch ihr Geld) darin, einen neuen Partner zu finden. Sie wollen nicht länger alleine sein. Wird dann eine neue Beziehung eingegangen, dann halten sie sehr fest daran, um bloß nicht wieder einsam zu sein. Je mehr Liebe aber eingesperrt wird, desto mehr zieht sie sich zurück. Wird sie dagegen freigelassen, dann kann sie als großzügiges Geschenk überreicht werden.

Auf der Suche nach dem Seelenpartner, nach dem Gleichgesinnten übersehen viele Menschen das Naheliegende: sich selbst. In Amerika ist es möglich, sich selbst zu heiraten. Für die einen mag dies nur ein Ausdruck von Verrücktheit sein. Es lohnt sich aber, darüber nachzudenken, denn schließlich ist dies der einzige Partner, mit dem Sie auf Garantie ein Leben lang verbunden sein werden.

Können wir Einsamkeitsgefühle vollkommen aus dem Leben verbannen?[1]

Nein. Es wird immer wieder Momente geben, in denen wir uns auf uns selbst zurückgeworfen und alleine fühlen. Augenblicke, in denen wir uns ungeliebt, hilflos und völlig isoliert von allen anderen Menschen fühlen. Wir können jedoch etwas tun, dass aus der gelegentlichen Einsamkeit keine chronische Einsamkeit wird.

Die Einsamkeit hat mich gelehrt, dass das Zusammensein mit anderen etwas ziemlich Schönes ist.  Und das Zusammensein mit anderen hat mich gelehrt, dass die Einsamkeit etwas ziemlich Schönes ist.


[1] https://www.psychotipps.com/einsamkeit.html - zuletzt gelesen am 20.11.2020 von Dr. Doris Wolf