Die Suche nach „Schuldigen“ hilft nicht weiter
»Weißt du, was man später am meisten bereut – es nicht versucht zu haben.«
(Zitat aus dem Film »Die Farbe des Horizonts«)
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Dieser Text sollte lediglich als Denkanstoß dienen und ersetzt keine Beratung, kein Coaching und keine Therapie. Wenn Sie das Thema und unsere Ansichten ansprechen, machen Sie den nächsten Schritt und vereinbaren Sie mit mir einen Termin.
Sind Partnerschaften über viele Jahre ausgewogen und glücklich, dann basiert dies meist auf einer Balance zwischen Harmonie und Auseinandersetzung, zwischen Gemeinsamkeiten und Einzelinteressen, zwischen Emotionen und sachlichen Notwendigkeiten. Im Laufe der Jahre gelangen jedoch viele Beziehungen an einen Punkt, an dem es kein wirkliches Miteinander mehr gibt, eher ein „Nebeneinander“ und leider oft auch ein „Gegeneinander“. Doch das muss nicht sein.
Dabei geht es nicht um eine Therapie – denn die Ratsuchenden sind nicht krank. Die moderne systemische Paartherapie versucht nicht, auf eine vermeintlich klare Diagnose mit vorgefertigten Konzepten und Patentrezepten zu reagieren. Dies ist in einer Beziehung nicht möglich, denn sie ist geprägt von den Individuen, ihren persönlichen Wünschen und Erwartungen, ihren Bedürfnissen und Sehnsüchten. Die moderne systemische Paartherapie geht davon aus, dass jedes Problem bereits die Grundzüge seiner Lösung in sich trägt. Daher stellt die moderne systemische Paartherapie die Beziehung an sich in den Mittelpunkt und sucht nicht nach Schuldigen oder Verantwortlichkeiten. Erst recht wird nicht versucht, die Partner zu manipulieren oder zu verändern.
In einem ersten Schritt wird die reale Situation in der Partnerschaft ausgelotet:
Wie ist der derzeitige Zustand der Beziehung, wie wird er individuell wahrgenommen und welche Erwartungen bestehen? Anschließend werden die – oft unterbewussten – Motive der Partner hinterfragt, die zur momentanen Krise beigetragen haben. Schließlich wird Bilanz gezogen: An welchem Punkt ist die Beziehung, und wo könnte sie sich hinentwickeln? Das Ergebnis ist dabei vollkommen offen. Ob das Paar eine weitere gemeinsame Zukunft hat, oder ob es besser ist, dass sich die Partner trennen – das weiß niemand im Voraus, sondern diese Entscheidung entwickelt sich während der Beratungen. Da sich Menschen und Partnerschaften im Laufe der Zeit ändern, ist es nicht außergewöhnlich, dass sich Differenzen ergeben.
Doch die moderne systemische Paartherapie ist nicht nur dann eine wertvolle Hilfe, wenn es in einer Partnerschaft bereits kriselt. Viele Paare suchen begleitenden Rat, um zu vermeiden, dass es überhaupt zu einem Problem in ihrer Partnerschaft kommt. Wichtig, da sind sich die beiden Paarberater einig, ist es, den Partner als unabhängiges Individuum wahrzunehmen und zu akzeptieren. Jede Beziehung ist geprägt durch die in ihr vorherrschende Kommunikation. Auf jede Aktion folgt eine Reaktion. Respekt vor den Wünschen und Bedürfnissen des Partners ist daher ein Fundament, auf dem sich eine dauerhaft glückliche und harmonische Beziehung aufbauen lässt.
Die moderne systemische Paartherapie ist eine systemisch-lösungsorientierte Begleitung, die nicht nach Schuldigen sucht, sondern Lösungswege aufzeigt.
Ein Fußgänger ging einmal eine Straße entlang, als plötzlich ein Mann mit schnellem Schritt aus einem Hauseingang stürzt. Heftig prallen die beiden gegeneinander. Wütend beschimpft der Mann den Fußgänger. Doch dieser bleibt ruhig, lächelt und sagt: „Ich weiß nicht, wer von uns beiden die Schuld an unserem Zusammenstoß hat. Ich habe aber auch keine Lust, meine kostbare Zeit mit der Beantwortung der Frage zu verschwenden. Deshalb: Wenn ich die Schuld trage, entschuldige ich mich hiermit und bitte Sie für meine Unachtsamkeit um Verzeihung. Falls Sie der Schuldige waren, können Sie die Sache einfach vergessen.“ Mit diesen Worten verbeugt er sich leicht und geht lächelnd seines Wegs.
Frei nach Anthony de Mello
Wäre doch schön, wenn sich die Welt und die Menschen immer genau so verhalten würden, wie wir es gerne hätten. Ein sinnloser Wunsch, denn das Leben ist voller Unwägbarkeiten und Überraschungen. Wer Auto fährt, dem wird auch mal die Vorfahrt genommen. Wer einkaufen geht, erlebt auch mal die lange Schlange an der Kasse.
- Wer essen geht, wird auch mal unfreundlich bedient.
- Wer etwas tut, macht auch mal einen Fehler.
Diese Liste der „Ärgernisse“ könnte man endlos fortsetzen. Gewohnheitsmäßig kann ich mich natürlich über alles ärgern und meinen Unmut kundtun. Aber: Ärger bereitet alles nur noch schlimmer!
Allein die Redewendung „Ich ärgere mich“ zeigt es deutlich. Etwas Unbekanntes läuft schief, eine unbekannte Person verhält sich nicht so, wie ich es gerne hätte, und als Doppelbestrafung ärgere ich mich auch noch und zerstöre meine Lebensfreude, Kreativität und letztlich auch meine Gesundheit.
Sicherlich können wir uns den Ärger nicht komplett abtrainieren und es wäre auch ungesund, ärgerliche Gefühle einfach nur zu unterdrücken. Stattdessen können wir lernen, ärgerliche Gefühle wahrzunehmen, dann jedoch zu entscheiden, ob die missliche Situation oder der andere Mensch wirklich die Macht haben, meine Lebensfreude und Kreativität zu zerstören. Und sind es nicht gerade die herausfordernden Situationen und die Menschen, die uns Schwierigkeiten bereiten, die unsere größten Lehrmeister sind. Hier können wir lernen, dankbar für die Erfahrung zu sein, die uns auffordert, täglich Tugenden wie Gelassenheit, Freundlichkeit und Liebe zu trainieren.
Was können Sie tun?
Wenn Ärger in Ihnen aufsteigt, dann sollen Sie sich fragen: „Bin ich wirklich bereit, mich diesem Gefühl hinzugeben?“ Dann prüfe, ob du die Situation ändern kannst. Ist das nicht möglich, dann schau, wie du deine Einstellung ändern kannst und überlege dir, welchen besonderen Vorteil die Situation in sich trägt.
„Löse das Problem, nicht die Schuldfrage.“
Japanisches Sprichwort
„Reden über Probleme lässt Probleme wachsen.
Reden über Lösungen lässt die Lösungen wachsen.“
Titel: Schuld finden in der Paarbeziehung
H1: Schuld finden in der Paarbeziehung
H2: Die Suche nach „Schuldigen“ hilft nicht weiter