Das Geheimnis der resignativen Reife

Schätzen können, was man aneinander hat

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Auch wenn die Statistiken zu Trennung und Scheidung zweifellos existieren, so gibt es auch in der heutigen Realität Paare, die 10 Jahre, 30 Jahre – ihr gesamtes Leben gemeinsam verbringen. Was ist ihr Geheimnis? Die Antwort lautet: Sie haben eine resignative Reife erreicht, die ihnen dabei hilft, Menschen und Beziehungen als das zu schätzen, was sie sind. Resignative Reife in Paarbeziehungen.

Was ist resignative Reife in Paarbeziehungen?

Wer Kindern einmal beim Spielen zuschaut, der erlebt eine ganz eigene, spannende Perspektive auf die Liebe: Haben sie ein blaues Stück Knete, dann formen sie daraus eben einen blauen Elefanten. Sie versuchen nicht zwanghaft, es in die richtige Farbe zu verwandeln, damit es am Ende perfekt ist. Oftmals werden Beziehungen mit dem Ziel eingegangen, dass der andere später schon ‚einlenken‘ wird und sich so verhält, wie ich es erwarte. Das ist die Bedingung des Vertrages.

Langzeit-Paare haben die Reife, nicht nach stetiger Veränderung zu streben. Sie finden ihr Glück in ihrem Partner, ohne ihn nach ihrem Bilde zu formen. Wer ändern will, was er nicht ändern kann, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt und landet statt in einem Märchen in einer Spalte der Scheidungsstatistik. Die Akzeptanz des Anderen inklusive seiner störenden Angewohnheiten ist mitunter der einzige Schlüssel, der die Tür zum gemeinsamen Glück öffnen kann.

Gemeinsam alt werden: Wie können wir das schaffen?

Manchmal fragen mich die Paare danach, wie es gelingen kann, gemeinsam alt zu werden. Ich würde folgende Gegenfrage stellen: Was glauben Sie, wie sich Ihre Paarbeziehung entwickeln würde, wenn für Sie folgende Leitsätze gelten:

a) Leben Sie das, was möglich ist und hängen Sie nicht der Ideologie nach, dass alles machbar ist.
b) Akzeptieren Sie Veränderungen in der Beziehung und beim Partner.
c) Hören Sie auf, nach allem zu streben, was möglich sein soll.
d) Akzeptieren Sie, was Sie nicht ändern können.
e) Erfreuen Sie sich an dem Kunstwerk, das vier Hände, ohne etwas hinzuzufügen, gemeinsam gestalten können.

Akzeptieren heißt in diesem Fall im Übrigen nicht, sich darüber zu freuen und es zu lieben, was einem nicht gefällt. Es bedeutet: Hört auf, Energie in etwas zu legen, was nicht zu ändern ist.

Resignative Reife: Nicht zwanghaft ändern wollen, was nicht zu ändern ist

Es ergibt keinen Sinn, etwas ändern zu wollen, was nicht zu ändern ist. Wenn Sie überlange immer und immer wieder versucht haben, etwas in Ihrer Beziehung zu ändern und es ist Ihnen nicht gelungen, dann sollten Sie es akzeptieren.

Wenn Sie etwas akzeptieren, heißt nicht, dass Sie es lieben sollen. Es heißt nur, dass Sie aufhören, Energie und Ärger in etwas zu stecken, was nicht zu ändern ist und dadurch mehr Lebensfreude gewinnen. Etwas zu akzeptieren, was nicht zu ändern ist, nenne ich „resignative Reife“. Was nichts mit Resignation in Blick aufgeben zu tun hat. Es geht hier nicht ums aufgeben und ums verlieren.

Beziehungen sind Hybride. Sie verändern sich.

Die überraschendste Erkenntnis über Langzeitbeziehungen habe ich mir bewusst für den Schluss aufgehoben: Beziehungen sind kein festes Produkt, sondern ein dauerhafter Vorgang. Sie hängen weitaus weniger von den Fähigkeiten und der Geschicklichkeit der Partner ab, als diese vermuten. Daraus ergeben sich überraschende und vor allem befreiende Konsequenzen, denn die Schuldfrage ist plötzlich überflüssig. Eine Chance für die Liebe ergibt sich durch gemeinsames Bestreben, Probleme und Veränderungen immer wieder neu auszuloten.

Wir stellen uns am Ende dieser kleinen Reise durch das Geheimnis von Langzeitbeziehungen ein altes Paar vor, das gemeinsam auf einer Parkbank sitzt, die Hände ineinander verschränkt und lächelnd auf sein Leben zurückblickt. Was würden diese beiden Menschen uns allen raten? Vielleicht nur das: Lernt zu schätzen, was ihr aneinander habt. Genau das ist es, was man unter einer resignativen Reife in Langzeitbeziehungen versteht.