Erwartungen in einer Paarbeziehung

Die natürlich und immer da sind.

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Oftmals hört man von beziehungserfahrenen Menschen, die sich erneut auf die Partnersuche begeben, folgenden Satz: „Ich habe keinerlei Erwartungen an eine neue Beziehung.“ Bei einer solchen Aussage drängt sich die Gegenfrage auf: Warum sollte man dann überhaupt eine neue Partnerschaft eingehen?

Kann man überhaupt etwas ohne Erwartungen tun?

Wenn ich abends in einem Restaurant essen gehe, dann erwarte ich einen schönen Abend. Ich erwarte, dass das Essen schmeckt, dass der Kellner oder die Kellnerin freundlich ist und dass ich mich rundum wohlfühle. Wenn ich in den Urlaub fahre, dann bin ich voller Erwartung auf eine schöne und erholsame Zeit. Aber die Partnersuche und die Entscheidung für eine Beziehung soll vollkommen frei von Erwartungen sein?

„Erst mal sehen, was so aus uns wird.“

Nur wenige Menschen werden beim ersten Treffen gleich mit der Tür ins Haus fallen und verkünden: „Ich treffe mich heute mit dir, weil ich darauf hoffe, mit dir eine Familie gründen zu können.“ Auch auf Nachfrage nach dem zweiten, dritten, vierten und fünften Rendezvous heißt es dann: „Erst mal abwarten. Wir schauen mal, was aus uns wird.“ Aber wie sieht es tief im Inneren aus? Ist da nicht die leise Stimme zu hören, die sagt: „Na ja, schön wäre es schon, wenn das jetzt der Partner fürs Leben wäre“?

Die Erwartung erwartungsfrei sein zu wollen

Eine Partnerschaft erwartungsfrei eingehen zu wollen, gehört zu den größten Erwartungen im Leben überhaupt. Und leider lässt sich genau diese Erwartung nicht erfüllen, woraus wiederum Enttäuschung wachsen kann. Oftmals stellen die Beziehungspartner selbst erst im Laufe der Beziehung fest, welche insgeheimen Erwartungen sie hatten. Dass in ihnen ein großer Kinderwunsch schlummerte oder der Wunsch, das Sexualleben möge für immer so impulsiv, aufregend und abwechslungsreich sein, statt zu einem anderen Zeitpunkt einfach einzuschlafen. Erwartungen führen zu Enttäuschungen. Wenn ich an eine Beziehung eine Erwartung stelle, die dann nicht erfüllt werden kann, dann bin ich enttäuscht. Oftmals merkt man durch diese Enttäuschung überhaupt erst, dass die Erwartung da war.

Ein Beispiel aus meiner Praxis

Eines meiner Klientenpaare befand sich in einem fürchterlichen Konflikt. Die Frau sehnte sich nach sexueller Abwechslung und hatte ihrem Mann vorgeschlagen, eine offene Partnerschaft zu führen. Als dieser dann aber tatsächlich zum ersten Mal mit einer anderen Frau ins Bett ging, war seine Partnerin eifersüchtig. Dies wiederum rief Unverständnis bei ihrem Mann hervor, schließlich war die offene Ehe doch ihre Idee gewesen.

Was war passiert? Die Frau hatte an sich selbst die Erwartung gestellt, dass sie gut damit umgehen könne, wenn ihr Mann mit einer anderen Frau intim wird. Als es dann aber tatsächlich dazu kam, merkte sie, dass sie die eigene Erwartung nicht erfüllen konnte. An dieser Stelle sind Vorwürfe überflüssig, denn niemand kann seine eigenen Erwartungen steuern. Ein besserer Weg ist es, diese Erwartungen wahrzunehmen, sie anzuerkennen und sie vorurteilsfrei anzunehmen.