Enttäuschungen in der Paar-Beziehung

Was das für unsere Partnerschaft bedeutet

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In meinen Beratungen mit Paaren erlebe ich häufig, dass für Enttäuschungen in der Beziehung der Partner verantwortlich gemacht wird. Allerdings steckt bereits in dem Wort „Enttäuschung“ die Klärung dieses Missverständnisses, denn wer enttäuscht wurde, hat sich vorher getäuscht. Er hat etwas anderes erwartet von einem Menschen, und diese Erwartung wurde nicht erfüllt. In diesem Beitrag geht es darum, wie Enttäuschungen in der Beziehung entstehen und wie man damit umgehen kann.

Für Enttäuschungen ist jeder selbst verantwortlich

Das mag zunächst eine provokante These sein, die ich im Folgenden aber gerne erklären möchte. Es ist keine leichte Aufgabe, sich einzugestehen, dass man für Enttäuschungen immer selbst verantwortlich ist. Wer enttäuscht wird, hatte Erwartungen an seinen Partner, die dieser nicht erfüllen konnte oder wollte. Sobald eine Erwartung nicht erfüllt wird, kommt es zu Vorwürfen. Enttäuschungen und Frustrationen machen Verborgenes in der Liebe sichtbar. Wo früher Erwartungen an den Beziehungspartner ganz selbstverständlich und unausgesprochen gestellt wurden, kommen diese durch die Nichterfüllung ans Tageslicht.

Enttäuschungen in der Beziehung am Beispiel Seitensprung

Wenn es in einer Paar-Beziehung zu einem Seitensprung gekommen ist, dann stehen Opfer und Täter relativ schnell fest. Man hält es eben allgemein für selbstverständlich, dass Treue die Basis einer Beziehung ist und Sex mit anderen nicht stattfinden darf. Aber wo steht das geschrieben? Vielmehr ist es die Erwartung geprägt durch Eltern, Kirche und Gesellschaft, dass Sex mit anderen in einer Beziehung nicht sein darf. Man kann sogar noch weiter gehen und sagen, es handelt sich dabei um eine Forderung. Wenn Liebe aber ein Gefühl des Gönnens ist, haben Forderungen an dieser Stelle keinen Zutritt.

Wünsche dürfen und müssen ausgesprochen werden

Das bedeutet nicht, dass Sie Wünsche und Bedürfnisse in einer Beziehung nicht aussprechen dürfen. Allerdings ist dabei zu akzeptieren, dass Ihr Gegenüber ein eigenständiges Wesen ist und selbstständig Entscheidungen trifft. Setzen Sie Ihren Partner mit Ihrer Erwartung nicht unter Druck. Für die Liebe bedeutet das: Machen Sie Ihr Problem nicht zum Problem Ihres Partners. Eine Redensart besagt: Wer ein Problem hat, sollte es lösen. Erkennen Sie, dass Bedürfnisse entstehen dürfen, diese aber nicht die Gesetze Ihrer Partnerschaft formulieren.

Was tun, wenn es in einer Partnerschaft zu einer Enttäuschung gekommen ist?

Enttäuschungen gehen immer mit Schmerz und verletzten Gefühlen einher. Jetzt ist es die Aufgabe des Verletzten, den Schmerz anzuerkennen und ihn zuzulassen, ohne gleichzeitig einen anderen Menschen dafür verantwortlich zu machen. Das erfordert sehr viel Disziplin, aber die Alternative ist der Weg in die Verbitterung. Eine besondere Herausforderung besteht dann, wenn die Täuschung (also im obigen Beispiel der Seitensprung) bewusst vollzogen wurde und man sich seiner eigenen Leichtgläubigkeit bewusst werden muss. Im Idealfall ziehen Sie daraus nun Konsequenzen, um beim nächsten Mal nicht in dieselbe Falle zu tappen.

Es ist nicht sinnvoll, dem Partner die eigene Enttäuschung vorzuwerfen. Stattdessen lohnt es sich eher, sich klarzumachen, dass Vertrauen auch missbraucht werden kann. Wobei dies differenziert zu betrachten ist: Vertrauen zu missbrauchen setzt voraus, darüber gesprochen und eine Vereinbarung getroffen zu haben.

Enttäuschungen in der Beziehung vermeiden durch Absprachen und Gespräche

Das heikelste Beispiel ist der Seitensprung oder eine heimliche Affäre. Haben Sie vorher darüber gesprochen und eine Vereinbarung getroffen? Wenn zwei Menschen in eine Beziehung mit Bindung gehen, spricht kaum einer über dieses Thema. Es wird stillschweigend davon ausgegangen, dass es eine monogame Beziehung sein soll. Wenn es dann zum Seitensprung kommt, wird Untreue und Missbrauch des Vertrauens vorgeworfen. Wo war der Fremdgänger untreu und wo hat er Vertrauen missbraucht? Es wurden vorher keine Vereinbarungen getroffen.

Wenn man eine Liebesbeziehung mit Bindung eingeht, kann man am Anfang nicht alles regeln, denn so kommt man nie in die Verliebtheitsphase und ins Bett. Man geht einfach schließlich keine Geschäftsbeziehung ein. In der Verliebtheitsphase stehen auch viele Themen nicht an. Aber zu einem anderen Zeitpunkt kommt die Zeit, um über grundsätzliche Vorstellungen und Erwartungen zu sprechen. Es ist zum Beispiel nicht selbstverständlich, dass Monogamie gelebt wird. Monogamie ist ein Konstrukt der Neuzeit und wird in den meisten Beziehungen auch nicht gelebt.

Das sind die Fakten zum Thema Beziehung

  • Wann immer ein Mensch für uns wichtig ist, haben wir Erwartungen an ihn und können enttäuscht werden.
  • Je höher unsere Erwartungen sind, umso stärker ist unsere Frustration durch eine Enttäuschung.
  • Nur eines ist im Leben sicher: Dass Sie später sterben werden. Alles andere ist nicht sicher.

Sind Enttäuschungen das Ende der Liebe?

Nein. Eine Enttäuschung kann etwas Positives sein, weil sie viel über die eigenen Erwartungen verrät. In dem Moment, in dem Menschen aufeinandertreffen, entstehen zwangsläufig Erwartungen. Das geschieht sowohl beim Vorstellungsgespräch als auch beim ersten Date. Enttäuschungen sind damit vorprogrammiert. Viele Menschen erwarten unbewusst von einem anderen Menschen genau das Verhalten, das sie selbst in einer bestimmten Situation an den Tag legen würden. Da der Partner aber kein identisches Abbild der eigenen Persönlichkeit ist, werden Erwartungen enttäuscht.

Tipp vom Paarberater: Wie mit Enttäuschungen in der Beziehung am besten umgehen?

Das, was der Partner getan hat, nicht persönlich nehmen. Menschen sind keine Roboter und wissen manchmal nicht, warum sie etwas getan haben. Menschen sind nicht perfekt und machen Fehler. Das hat nichts mit Ihnen zu tun. Wer Fehler macht, sammelt Erfahrung und kann daraus lernen. Erfahrung ist die Summe aller Fehler.

Spüren Sie in sich hinein, wie stark die Enttäuschung ist und ob sie nicht doch vorhersehbar war. Suchen Sie bei sich nach den Ursachen für die Enttäuschung. Haben Sie zu viele und zu hohe Erwartungen?

Schließen Sie Frieden und schauen Sie in die Zukunft

Wenn die Enttäuschung einen wichtigen Punkt betrifft, sprechen Sie mit Ihrem Partner darüber. Nur so können solche Enttäuschungen möglicherweise in Zukunft vermieden werden. Die Vergangenheit können Sie nicht ändern. Sie können nur aus der Vergangenheit lernen und das Gelernte in der Zukunft berücksichtigen. Bedeutungsvoll in diesem Zusammenhang ist es, auch wenn es schmerzhaft ist und schwerfällt: Bringen Sie das Geschehene (unter anderem einen Seitensprung) nicht bei jeder Gelegenheit aufs Tapet. Legen Sie keine Blacklist an, in die Sie alle sogenannten Fehler und Mängel Ihres Partners notieren, um sie immer wieder – und das geschieht meist im Streit – anzusprechen. Machen Sie Frieden mit sich selbst und schauen Sie nach vorn.