Die Bindungsangst - Oft nicht greifbar

Klischees die scheinbar immer wieder in Partnerschaften immer bestätigen werden

Menschen mit Bindungsangst sehnen sich bewusst nach Nähe, können sie aber unbewusst nicht zulassen.

In welch einem ambivalenten Verhalten sich das ausdrücken kann und wie man als Partner erkennt, ob man an einen Bindungsphobiker geraten ist, lesen Sie hier. Die meisten Menschen, die ich in meiner Paarberatung erlebe, sehnen sich nach einer stabilen Partnerschaft, die von Treue zu sich selbst und zum Partner und vom gegenseitigen Vertrauen lebt. Die Realität steht dem aber entgegen. Oftmals folgen nach einer negativen Erfahrung in einer Beziehung Unzufriedenheit, Enttäuschung und Perspektivlosigkeit. Wenn man im Gespräch dann etwas tiefer in die Geschichte der Menschen eintaucht, findet man auch hier Ursachen in früheren Lebensphasen, die sich auf das gesamte Erwachsenenleben auswirken. Dazu gehört die Angst vor Nähe in einer Beziehung. Wie die Beobachtung zeigt, trägt fast jeder Mensch eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Bindungsangst in sich. Wer sich dessen nicht bewusst ist und aus seinen Verhaltensmustern nicht ausbrechen kann, ist ihnen ausgeliefert. Wer sich hingegen diesen Ängsten stellt und sie bezwingen kann, hat die Chance, glückliche und stabile Beziehungen zu führen.

Viele Partnerschaften scheinen die Klischees immer wieder zu bestätigen. Eine „klammernder“ Partner sucht sich ein Gegenüber, der lieber auf Distanz geht. Innerhalb dieser Beziehung können die Rollen wechseln. Aus meiner Erfahrung in der Paarberatung ist es tatsächlich so, dass oft Frauen eine passive Rolle einnehmen und sich Männer aussuchen, die eher aktiv und freiheitsliebend sind. Ein netter Mann, der auch Nähe will, wird dagegen als langweilig wahrgenommen und nicht in die engere Wahl gezogen. Wie oft hat eine Frau die Wahl zwischen 2 oder mehreren Männern. Nur selten wird der Supernette ausgewählt. Ängstliche Frauen und vermeidende Männer sind wie zwei Magnete, die sich gegenseitig anziehen. Gibt es einen Weg aus diesem Kreislauf heraus? Ja!

Ich sollte meine eigenen Muster durchschauen und verstehen, warum ich immer an den gleichen Typ Mann gerate oder immer Reißaus nehme, wenn es ernster wird.

Erinnern wir uns an das zu Beginn im Buch erwähnte Zitat von Eckard Hirschhausen „Wir überleben, weil Glück vorbeigeht und wir weiter dazu lernen“. Dazu lernen heißt hier, sich selbst kennenlernen und sich selbst zu verstehen, bewusst zu handeln und sich bewusst zu verhalten.

Viele Partnerschaften scheinen die Klischees immer wieder zu bestätigen

Bindungsangst ist auch eine Art Selbstschutz. Man glaubt, die Trennung von einem Partner nicht überleben zu können, so wie man es nicht überleben könnte, von einem Hochhaus zu springen. Ich springe nicht, weil ich leben will. Ich liebe nicht, weil ich überleben will. Dieses System funktioniert nur mit einem gewissen Sicherheitsabstand. Ohnehin ist es viel leichter, man selbst zu sein, wenn niemand einen dabei stört. Aus diesem Muster kann nur ausbrechen, wer es erkennt und ausbrechen will.

Wer unter Bindungsangst leidet, der sucht die Fehler in der Regel beim anderen. „Ich gerate immer an den Falschen“, heißt es dann häufig. Die Krux ist: Bindungsängstliche Menschen sehnen sich nach einer Beziehung. Wenn sie aber verbindlich wird, beginnen die Probleme. Man sucht Distanz, flüchtet sich in Arbeit oder Affären.

Kann man als Erwachsener aus diesem Kreislauf wirklich ausbrechen? Das Problem sollte man wie oft an der Wurzel angreifen. Angst entsteht nicht zuletzt durch ein mangelndes Selbstwertgefühl. Wer sich selbst nicht als liebenswert erachtet, der wird auch kein Vertrauen in jemanden haben, der behauptet, ihn oder sie zu lieben. Menschen, die sich auf der passiven Seite befinden, werden in ihrem labilen Selbstwertgefühl immer wieder bestätigt. Sie werden immer wieder gekränkt und zurückgewiesen. Daraus entstehen auch Schuldgefühle, denn das Bedürfnis des anderen, auf Distanz zu gehen, resultiert aus der eigenen Unzulänglichkeit ‒ woraus auch sonst? Wäre ich doch größer, hätte ich längere Haare, blauere Augen oder wäre ich ein wenig klüger ‒ dann könnte mich mein Partner mehr lieben und würde auch wieder meine Nähe suchen.

Derjenige, der sich durch aktives Verhalten in die Distanz begibt, fühlt sich erdrückt. Er sieht seine Freiheit in Gefahr und flüchtet.

Zur Bindungsangst gibt es, wie zu Anfang des Kapitels festgestellt, unzählige Bücher. Eines der bekanntesten Bücher ist „Nah, und doch so fern“ von Steven Carter und Julia Sokol.

Als deutsche Autorin hat sich Stephanie Stahl mit den folgenden Büchern einen Namen gemacht: „Njein“, „Vom Njein zum Ja“ und „Jeder ist Beziehungsfähig“. Wenn Sie tiefer in das Thema einsteigen möchten, empfehle ich diese Bücher.

Titel: Die Bindungsangst - Oft nicht greifbar