Wie Konfliktpotenziale vor dem eigentlichen Konflikt entstehen
»Weißt du, was man später am meisten bereut – es nicht versucht zu haben.«
(Zitat aus dem Film »Die Farbe des Horizonts«)
So entschärfen Sie Beziehungsdraman!
Kennen Sie das? Aus heiterem Himmel ist er da, der Beziehungskrach. Ein falsches Wort, eine kleine falsche Entscheidung und dahin ist die gute Stimmung.
Doch Paarkonflikte sind notwendig und können eine langfristig beziehungsfördernde Wirkung haben. Zum Beispiel, wenn Grenzen ausgelotet werden und sich über unterschiedliche Ansichten ausgetauscht wird.
Es gibt jedoch auch Konflikte, die das Beziehungsgefüge schwächen. Das sind solche, die zu keinem Ergebnis führen und dadurch das Potenzial entfalten, sich zu wiederholen und teilweise auch zu verschlimmern.
Was viele nicht wissen: Ihren Anfang nimmt ein Teil der Paarkonflikte bereits dann, wenn man sich noch gut versteht.
Sie können mit dem Einpflanzen von Samen verglichen werden. Nachdem sie gesät wurden, passiert eine ganze Zeit lang gefühlt nichts. Nach einer gewissen Zeit sieht man dann das erste Grün aus der Erde wachsen. Vorher haben sich jedoch schon die Wurzeln gebildet. Unser einstiges Handeln hat nun sichtbare Folgen. Bei Paarkonflikten ist es ähnlich: Handlungen in der Vergangenheit können Auslöser für Konflikte in der Gegenwart sein. Wir haben unbewusst Beziehungsunkraut gesät.
Das Drama-Dreieck der Transaktionsanalyse kann uns helfen, Drama-Saat zu analysieren und auf diese Weise das säen von Konfliktpotenzialen zu vermeiden.
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Es besteht aus drei Positionen:
- Die Retter-Position: Tendenziell nehmen Personen diese Position ein, denen man umgangssprachlich ein „Helfersyndrom“ zuschreibt. Manchmal müssen diese Personen sich gebraucht fühlen, um sich in Ordnung zu fühlen. Menschen, die die Retter-Position einnehmen, helfen mitunter ungefragt oder erteilen gut gemeinte Ratschläge, was andere Menschen nerven könnte. Manchmal helfen Menschen in der Retter-Position zu viel, was sie zu einem späteren Zeitpunkt veranlasst, anderen dann Vorhaltungen zu machen.
- Die Verfolger-Position: Wenn jemand in einer Situation diese Position besetzt, dann weiß sie es besser, macht Vorhaltungen und be/verurteilt. Das kann auf andere herablassend wirken. Menschen, die die Verfolger-Position einnehmen werten andere und in ihren Fähigkeiten ab.
- Die Opfer-Position: Menschen in dieser Position beklagen sich häufig, machen sich unfähig und treffen keine Entscheidungen. Sie geben sich hilflos und suchen auf diese Weise unbewusst einen Retter oder eine Retterin, die Dinge übernimmt oder Entscheidungen trifft. Mitunter wird auch jemand gesucht, der überwiegend die Verfolger-Rolle besetzt. Auf diese Weise kann man unbewusst ins Beziehungsdrama einsteigen.
Jeder Mensch, der in einer Situation die Opfer-Position einnimmt, sucht unbewusst nach einem Retter oder Verfolger. Denn ohne diese würde ein Drama-Spiel nicht funktionieren. Genauso umgekehrt: Retter und Verfolger sind auf ein Opfer angewiesen.
Der geheime Vorteil dieser Kombination besteht darin, dass man durch Drama gelernte Beziehungsmuster wieder auflegen und sein Menschen- und Weltbild bestätigen kann. Zum Beispiel: “Ich wusste es, man kann machen, was man will und wird doch enttäuscht.”
Jeder Mensch hat eine gewisse Anfälligkeit für eine der Positionen. Es kann für die Vermeidung von Drama hilfreich sein zu wissen, welche Position das ist. Ihre Intuition leistet Ihnen bei der Bestimmung Ihrer Ausgangsposition meistens gute Dienste.
Der trickreiche Rollenwechsel
Das Trickreiche beim Drama-Dreieck besteht darin, dass ein Spieler oder auch beide ihre Positionen im Drama-Dreieck wechseln können.
Haben Sie bereits eine erste Idee? Wenn ja, dann können Sie Ihren “Verdacht” im Alltag und in Streitsituationen überprüfen und schauen, woran Sie bei sich die Rolle konkret erkennen. Wenn nicht, können Sie mit dem Modell des Drama-Dreiecks bewusst durch Ihren Alltag gehen und schauen, ob Sie Rollenbesetzungen bei sich oder Ihrem Partner entdecken können.
Ein solcher Wechsel kann beispielsweise durch ein „falsches Wort“ (einen Trigger) ausgelöst werden. Wenn eine Person den Rollenwechsel vollzieht, kann das zu einer plötzlichen Irritation beim anderen Teil der Beziehung führen. Nach dem Motto: „Eben war doch noch alles gut. Was ist denn jetzt auf einmal?“
Beide Teile der Beziehung fühlen sich unverstanden. Unbewusst habt ihr ein Drama-Spiel durchlaufen und seid mit einem Konflikt auf Abstand gegangen.
Was kannst du tun, um Beziehungsdrama zu vermeiden?
- Für Personen, die tendenziell die Retter-Position besetzen: Hilfsbereitschaft ist in Ordnung, solange nicht gerettet wird. Hilfsbereitschaft bedeutet, dass Sie entscheiden können, ob Sie helfen, wenn danach gefragt wird. Sie können Hilfe natürlich auch anbieten. Menschen, die die Retter-Position besetzen, können Grenzen ihrer Hilfsbereitschaft entwickeln. Im Mangel an Grenzen liegt besonders häufig das Konfliktpotenzial, dass sie zu viel machen und sich dann hinterher ärgern (Wechsel in die Verfolger-Position), weil sie zu viel gemacht haben. Oder aber sie fühlen sich schlecht (Wechsel in die Opfer-Position), weil ihre Hilfe anscheinend nicht gereicht hat.
- Für Personen, die tendenziell die Verfolger-Position besetzen: Die Position des Verfolgers aufzugeben ist tendenziell am schwersten. Sie können lernen zu akzeptieren, dass andere Ihre eigenen Maßstäbe anlegen und andere Wege gehen. Sie benötigen eine Portion Demut und Aushalten Ihres Urteils, um die Offenheit zu entwickeln, sich für die Herangehensweisen anderer zu interessieren. Personen in der Verfolger-Position laufen besonders häufig Gefahr, sich zu isolieren (Wechsel in Opfer-Position), wenn die Beziehungspartnerin oder der Beziehungspartner als Folge Ihrer Kritik auf Abstand gehen.
- Für Personen, die die Opfer-Position besetzen: Menschen in der Opfer-Position haben die Erlaubnis, sich mehr zuzumuten, ihre Bedürfnisse klarer zu äußern und Entscheidungen zu treffen. Auf diese Weise können Sie sich Ihres Gestaltungsspielraumes bewusst werden. Sie haben die Tendenz zu lange auszuhalten und provozieren dann einen Rollenwechsel zum Verfolger. Zum Beispiel, indem Sie unangemessen stark den Konflikt suchen (der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt) oder sogar die Beziehung verlassen. Eine andere Gefahr besteht darin, im Opfer zu verbleiben, während die Beziehungspartnerin oder der Beziehungspartner von der Retter- in die Verfolgerposition wechselt. Dann bestätigt sich die Person in der Opferrolle noch einmal zusätzlich ihr Weltbild: „Ich wusste es, ich bin ein nichts.“
Beziehungen außerhalb des Drama-Dreiecks
Menschen, die außerhalb des Drama-Dreiecks handeln, agieren in einer sogenannten Erwachsenen oder neutralen Position:
In vielen Situationen
- sind sie sich ihrer Bedürfnisse bewusst und kommunizieren diese offen;
- warten sie nicht zu lange, wenn ihnen etwas unangenehm aufstößt und handeln, BEVOR das Fass überläuft;
- sind sie hilfsbereit, lassen sich aber nicht ausnutzen und müssen nicht hilfreich sein, um sich wohlzufühlen;
- halten sie eventuelle innere Urteile aus und suchen nach Erklärungen für Verhalten von Menschen, dass sie nicht verstehen;
- treffen sie auch Entscheidungen, die nicht immer allen beteiligten gefallen müssen;
- setzen sie angemessen Grenzen;
- rauen sie sich zu, auch mal mutig etwas Neues zu probieren;
Beziehungen verbessern mit dem Drama-Dreieck
Das Drama-Dreieck kann als Orientierungshilfe dienen, um Konflikte zu analysieren und zukünftig zu vermeiden. Wenn sie das nächste Mal einen Paarstreit haben, können sie sich diese Fragen stellen:
- Welchen Beitrag haben Sie zu dem Konflikt geleistet? Haben Sie vielleicht gerettet, verfolgt oder sind in der Opfer-Position untätig geblieben?
- Was können Sie beim nächsten Mal evtl. anders machen?
Wenn Sie mögen, können Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner dazu einladen, das Drama-Dreieck mit Ihnen zu erkunden. Um zu neuen Ergebnissen in Ihrer Partnerschaft zu gelangen, reicht es aus, wenn Sie es allein anwenden. Falls Sie an weiterer Vertiefung interessiert sind, hier eine Buchempfehlung:
"Falls Sie an weiterer Vertiefung interessiert sind, hier eine Buchempfehlung: No more Drama in deinen Beziehungen von Steffen Raebricht (Autor)"