Fachpraxis für systemische Paarberatung und systemische Sexualberatung
Wie kann Liebe gelingen, wenn plötzlich alles anders ist? Veränderungen sind ein großes Thema der Liebe. Wir sind von Natur aus der Gewohnheit zugewandt. Wir haben uns in eine Situation eingefunden und möchten, dass das, was gut ist und für uns funktioniert, einfach so bleibt, wie es ist. Vor dem Traualtar geben wir uns das Versprechen: Für immer und ewig ‒ und nehmen dieses Versprechen gerne wörtlich. Doch nichts ist für immer und ewig. Der Flügelschlag eines fernen Schmetterlings kann den sprichwörtlichen Sturm bei uns auslösen. Menschen und Beziehungen reagieren gleichermaßen intensiv auf Veränderungen. Daher können wir den täglichen Wandel der Welt nicht ignorieren, wir müssen lernen, mit ihm umzugehen.
Kristina und Stefan entscheiden sich, ein Kind zu bekommen. Sie blicken voller Erwartungen auf das liebevoll eingerichtete Kinderzimmer und sehnen sich danach, den ersten Babyschrei zu hören. Doch mit der Schwangerschaft verändert sich auch die Beziehung. Der Fokus liegt plötzlich nicht mehr auf dem Partner, sondern auf dem wachsenden Bauch. Hormone verändern die Stimmungen, und die Prioritäten verschieben sich. Mit der Geburt des Kindes wird auch die Beziehung neu geboren. Der Sex und die Spontanität leiden, die Paarbeziehung leidet, Hobbys und eigene Bedürfnisse bleiben auf der Strecke. Man kann nicht mehr einfach so mit Freunden um die Häuser ziehen oder tut es doch und lässt den Partner damit im Stich. Kristina und Stefan fragen sich: Können wir Eltern sein und gleichzeitig Paar bleiben? Nur dann, wenn sie ihrem früheren Leben ‒ das nie wieder so sein wird ‒ nicht dauerhaft nachhängen. Wenn sie neue Freiräume finden und sich an dem Neuen erfreuen, das entstanden ist. Wenn sie sich nicht mehr nur als den Erzeuger und das Elternteil des Kindes sehen. Hier verabschieden wir die beiden.
Blanka und Peter: Du bist schuld, ich weiß es besser
Streiten in der Partnerschaft. Glücklich zu sein, bedeutet nicht, niemals zu streiten. Allerdings haben wir dies in aller Regel von unseren Eltern anders beigebracht bekommen: „Hört auf zu streiten und vertragt euch.“ Aus der Sicht der Paarberatung bedeutet dies übersetzt: „Schluckt euren Ärger so lange herunter, bis ihr vor Wut explodiert.“ Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten sind ein wesentliches Element sämtlicher Beziehungen zwischen Menschen. Ohne Wortgefechte stauen sich Ärger und Frust auf und verwandeln sich in eine tickende Zeitbombe, die an irgendeinem vollkommen unerwarteten Punkt plötzlich in die Luft gehen wird. Progressiver Streit ist eine Kunst, die glückliche Langzeitpaare beherrschen.
- Zu den häufigsten Auslösern von Konflikten gehören:
- ständige Kritik eines Partners und die daraus folgende Verteidigung/Rechtfertigung
- unterschiedliche Bedürfnisse (Nähe und Distanz, Sexualität)
- Zeitmangel und Stress
- unterschiedliche Lebenspläne
- finanzielle Schwierigkeiten
- Kindererziehung
- Familie und Schwiegereltern
Daraus können Sie für Ihren nächsten Streit lernen:
In der Regel beginnt man einen Streit in dem Glauben, im Recht zu sein. Mein Partner hat schon wieder nicht das Auto in die Garage gefahren, also hat er etwas falsch gemacht, was ich ihm austreiben muss. Mein Partner ist zu selten zu Hause, und ich muss sein Verhalten nun verändern. Ich möchte jetzt ein Kind, mein Partner erst in zwei Jahren. Ich muss ihn dazu bewegen, seine Meinung zu ändern. Wer für immer mit einem Menschen zusammen sein möchte, darf nicht gewinnen wollen. Es geht nicht um den Jackpot, sondern darum, ein Problem zu lösen. Das sind zwei grundverschiedene Ziele.
Besonders in noch jungen Beziehungen zögern wir Streitigkeiten zu lange hinaus. Wir warten damit, unserem Ärger Luft zu machen, weil wir Angst vor den Konsequenzen haben. Wird er oder sie sich von mir trennen, wenn ich einen Streit anfange? Was, wenn wir nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen? Blanka und Peter haben recht: Jeder Streit birgt natürlich auch das Risiko, dass es am Ende kein Happy End geben wird. Fatal an der Sache ist nur, dass es ohne funktionierende Streitkultur garantiert gar kein Happy End geben wird.
Es ist kontraproduktiv, den falschen Zeitpunkt für den Streit zu wählen. Blanka und Peter sind bei seinen Eltern zu Besuch. Sie wird von ihrer Schwiegermutter kritisiert, weil sie sich neben ihrem Full-Time-Job und der Kindererziehung für zwei Stunden eine Haushaltshilfe leistet. Früher habe man Job und Familie schließlich auch unter einen Hut bekommen. Peter sitzt mit gesenktem Kopf am Tisch und hält sich raus. Auf dem Rückweg im Auto eskaliert der Streit. Die Emotionen sind frisch, die Wut auch, was dafür sorgt, dass einfach alles gesagt wird, was eben gerade so im Kopf herumspukt. Beleidigungen, unsachliche Äußerungen, unfaire Argumente: All das verursacht tiefe Risse in einer Partnerschaft. Besser wäre es an dieser Stelle, den Gefühlen etwas Zeit zu geben, sich zu sortieren. Vielleicht findet sich am Abend ein geeigneter Zeitpunkt, sachlich die eigene Perspektive darzulegen. Argumente zu sammeln, zu diskutieren, gemeinsam eine Lösung zu finden, wie es das nächste Mal bessergehen kann. Leider werden Blanka und Peter diese Erkenntnis zu spät erlangen. Wir verabschieden sie.
So kann ein Streit produktiv werden:
Wählen Sie also den richtigen Zeitpunkt und lösen Sie sich vom unbedingten Siegeswillen. Stellen Sie bei jedem sich anbahnenden Streit Ihr Ziel in den Fokus: Wollen Sie, dass Ihr Partner Ihnen beim nächsten Besuch der Schwiegereltern beisteht? Dann arbeiten Sie im Streit daran, genau dieses Ziel zu erreichen. Finden Sie Argumente dafür, warum sein Verhalten falsch war. Möchten Sie Frust ablassen? Dann gehen Sie ins Fitnessstudio und retten Sie Ihre Beziehung damit.
Wichtig sind Ich-Botschaften. Wer mit einem „Du hast – du machst – du sollst“ auf Angriff geht, sollte mit einem Gegenangriff rechnen. Wer erklärt, warum es ihm selbst schlecht geht, kann auf Verständnis und die Bereitschaft hoffen, daran etwas zu ändern.