Bedingungslose Liebe

Ist "bedingungslos lieben" nicht ein Widerspruch?

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Dieser Begriff ist für mich ein Widerspruch in sich, da eine „bedingungslose Liebe“ die höchste Bedingung überhaupt darstellen würde. Wie kann etwas so Tiefes wie die Liebe an keinerlei Bedingungen geknüpft sein? Also ist die „bedingungslose Liebe“ Unsinn, denn es gibt sie nicht.

Was ist der Sinn der Liebe?

Der Sinn der Liebe besteht darin, einen anderen Menschen an die Grenze seines Ichs zu führen, ihm Selbsterkenntnis zu ermöglichen und ihn aus seiner Selbstisolation zu befreien. Liebe existiert dann, wenn mein eigenes Bewusstsein nicht mehr vollkommen mit meiner Selbstwahrnehmung gefüllt ist, sondern von der Wahrnehmung der Verbindung zu einem anderen Menschen. Statt von einer bedingungslosen würde ich an dieser Stelle daher gerne von einer selbstlosen Liebe sprechen.

Egal ob „bedingungslose Liebe“, „selbstlose Liebe“ oder ob „altruistische Liebe“, nach meiner Erfahrung gibt es sie nicht. Alle 3 Lieben sollen

  • jeweils eine uneigennützige Liebe, selbstlose Liebe sein, die auf das Wohl eines anderen gerichtet ist.
  • von Herzen kommen und nicht auf den eigenen Vorteil gerichtet sein.
  • ihre Erfüllung in der Liebe selbst finden.

Wer selbstlos hilft, erwartet Dank oder dass er, wie Mutter Teresa, heiliggesprochen wird. Irgendetwas erwartet der Helfende, damit er ein gutes Gefühl bekommt, er tut Gutes, um ins Paradies zu kommen. In diesem Zusammenhang könnte man auf die Eltern verweisen, die ihr Leben hergeben, ihre Kinder zu retten. Ist dies nicht der von der Evolution in den Genen vorgegebene Fortpflanzungserfolg? Und umgekehrt die angeblich bedingungslose Liebe der Kinder zu den Eltern. Warum wollen manche Mütter unbedingt zwei oder drei Kinder? Die Mutter will geliebt werden, da sie sich selbst keine Liebe gibt oder geben kann. Die Kinder tun das, da sie überleben und erwachsen werden wollen.

Gibt es in der Realität selbstlose Liebe?

Die ernüchternde Antwort lautet leider: Nein. Denn die Frage lautet, ob unser egoistisches ich überhaupt etwas anderes als die eigenen Gefühle in den Vordergrund stellen kann. Die Selbstlosigkeit entsteht ja überhaupt erst durch die Abgrenzung des Ichs vom Du. Liebe kann niemals die vollkommene Auflösung des Ichs sein, auch wenn es sich in der ersten Verliebtheitsphase zuweilen so anfühlen mag. Außerdem kann es auch nicht gelingen, einen anderen Menschen vollkommen zu begreifen und kennenzulernen, so intensiv man ihn auch lieben mag. Es ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen eben nicht möglich, in das Gehirn eines anderen Menschen einzutreten. Selbstlose Liebe ist viel mehr als die Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe zu sehen. Liebende möchten sowohl die Erfahrung machen, selbstlos zu lieben, als auch selbstlos geliebt zu werden.

Bedingungslose Liebe in der Kindheit

In unserer Kindheit lernen wir im Idealfall kennen, was bedingungslose Liebe ist. Wir machen in dieser Zeit die Erfahrung einer aktiven Liebe, die nicht an irgendwelche Bedingungen geknüpft ist. Wir lieben unsere Eltern selbst- und bedingungslos. Selbst Kinder, die in ihrem Zuhause schlecht behandelt werden, lieben ihre Eltern ohne Einschränkung. Das scheint eine Art Naturgesetz zu sein. Aber ist auch die Liebe der Eltern derart bedingungslos? Viele würden im ersten Moment laut „Ja“ rufen, aber lassen Sie uns näher hinsehen.

Die Zuwendung von Eltern zu ihren Kindern ist an viele Bedingungen geknüpft. Sie erwarten ein bestimmtes Verhalten, legen Regeln fest und verlangen, bestimmte Dinge zu tun oder sie zu unterlassen. Kinder passen sich diesen Erwartungen an, verlieren dabei aber oft ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche aus dem Blick. Was bleibt, ist der Eindruck davon, dass Liebe – anders als unsere aktive und bedingungslose Liebe unseren Eltern gegenüber – doch an Bedingungen geknüpft ist. Diesen Eindruck tragen wir bis in unser Erwachsenendasein hinein und knüpfen auch dort Liebe an Bedingungen. Wir machen die Erfahrung, dass sowohl unsere eigene aktive Liebe als auch die Liebe unseres Partners an Bedingungen geknüpft ist. Die Idee von der bedingungslosen Liebe bleibt dabei nur eine Sehnsucht und Illusion.

Die Metapher vom weißen Licht der Sonne

Wenn Sie das Sonnenlicht beschreiben müssten, dann würden Sie es niemals als bunt beschreiben, sondern eher als helles, weißes Licht. Spiegelt sich diese Sonne jetzt aber in einem Tautropfen, dann erkennen Sie plötzlich das große Farbspektrum, das in diesem weißen Licht steckt. Das Licht ist nicht weiß, weil es farblos ist, sondern weil in ihm im Gegenteil alle Farben enthalten sind.

Gleiches gilt auch für die Liebe. Unsere Emotionen dem Partner gegenüber sind ein buntes Potpourri aus Leidenschaft, Zorn, Wut, Begehren, Eifersucht, Ängsten und so weiter. Liebe bedeutet also nicht, nur dieses eine Gefühl zu spüren und sich freizumachen von allen anderen Emotionen. Ganz im Gegenteil erleben Sie in der Liebe das gesamte Spektrum menschlicher Empfindungen. Vollkommene Liebe erfordert vielleicht gerade, das gesamte Spektrum menschlicher Gefühle zu durchleben und dadurch auch Zorn, Hass und alle anderen negativen Empfindungen zu akzeptieren. Sie gehören untrennbar zur Liebe dazu.

Das Gleiche gilt für die Selbstliebe. Nur wer sich so liebt, wie er ist – bedingungslos – und auch seine vermeintlichen Fehler akzeptiert, ist in der Lage, diese selbstlose Liebe auch auf einen anderen Menschen zu projizieren, seine sowie die eigenen Unzulänglichkeiten zu akzeptieren.

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